veröffentlicht am 25.05.2013

Zwei Wochen nach dem Brand eines Frachters im Hamburger Hafen offenbart sich die wirkliche Brisanz: Erst durch eine kleine Anfrage beim Hamburger Senat kam heraus, dass an Bord der 293 m langen und 33 m breiten Atlantic Cartier knapp 9 t Uranhexafluorid und 11,6 t Uranoxid transportiert wurde. Uranhexafluorid ist sehr giftig und liegt bei Raumtemperatur Kristallin vor. Ab 56 °C jedoch wird es direkt gasförmig und reagiert bei Freisetzung schon mit Luftfeuchtigkeit zu Flusssäure, die allein schon in geringsten Dosen tödlich wirkt. Dazu kommt die giftige und radiologische Wirkung vom Uran.

Seite an Seite stand diese Fracht laut jetzt veröffentlichter Ladepapiere (Hamburger Senat - Drucksache 20/7891 + Anhänge) u.a. mit 180 t Ethanol, 3,8 t explosiven Munitionsteilen, 2,6 t Treibmittel und zahlreichen anderen leicht entzündlichen, giftigen, ätzenden oder explosiven Stoffen. Die üblicherweise für Uranhexafluorid verwendeten 30B- oder 48Y-Behälter sind darauf ausgelegt, 800°C für eine halbe Stunde auszuhalten, dann wird der Druck so hoch, dass die Stahlhülle nicht mehr Stand hält und das tödliche Gas freisetzt.

Am ersten Mai ist auf dem kombinierten RoRo- und Containerfrachter auf dem Deck 3b, auf dem 70 Neuwagen verladen waren, ein Feuer ausgebrochen. Der Feuerwehreinsatz begann um 20:02 Uhr, 2 Feuerlöschboote und 3 Schlepper kühlten die extrem heiße Außenhaut des Schiffes während insgesamt 296 Feuerwehrleute auch mithilfe eines Feuerlöschroboters versuchten der Flammen Herr zu werden. Dramatisch wurde die Löschaktion als die Feuerwehr 44 Minuten später über das geladene Gefahrgut informiert wurde. Schnell war klar, dass das gefährdete Gut so schnell wie möglich entladen werden muss, was allerdings aufgrund des Feiertages in Ermangelung eines Kranfahrers erst um 23:08 Uhr losgehen konnte. Zusätzlich wurde per Notalarm versucht CO2-Löschmittel zu bekommen, denn bei bestimmten Gefahrgütern wie Uranhexafluorid wirkt Wasser eher kontraproduktiv. Der dringend gebrauchte Stoff war jedoch in ganz Norddeutschland nicht zu bekommen und wird auch von der Feuerwehr nicht bevorratet.
Während die Löscharbeiten am O'Swaldkai in vollem Gange waren, wurde kaum 500m entfernt in der Hafen City mit 35000 Menschen der Eröffnungsgottesdienst des Kirchentages gefeiert. Die Löscharbeiten wurden am 2. Mai um 11:41 Uhr nach über 15 Stunden abgeschlossen. Die Medien berichteten auch später nur allgemein von einem Brand und Gefahrgut, nicht aber von dem tatsächlichen Ausmaß der Gefahr. Auch jetzt, wo mehr Details bekannt wurden, spielen die Behördenvertreter_Innen die Gefahren herunter, wohl auch weil sie permanent bestehen.

Durch die Anfrage wurde bekannt, dass mehr Atomtransporte als erwartet durch den Hamburger Hafen gehen: allein in den letzten 3 Monaten waren es 21 Transporte nur von der Reederei ACL! Zusammengerechnet mit denen von anderen Reedereien gehen Anti-Atom-Gruppen davon aus, dass im Schnitt alle 2 Tage radioaktive Stoffe in diesem als Drehkreuz funktionierenden Hafen umgeschlagen werden. Auch der Nord-Ostsee-Kanal ist eine Hauptverkehrsroute für Kernbrennstoffe und deren Ausgangsstoffe. Nach einer Anfrage an den Schleswig-Holsteinischen Landtag aus dem letzten Jahr (Drucksache 17/2476) werden jedes jahr ca. 500 000 radioaktive Pakete transportiert, 11000 davon stehen in direktem Zusammenhang mit der Atomenergienutzung.

Nach Informationen der Gruppe Sofortiger Atomausstieg Münster (Sofa) war das Uranhexafluorid nicht für die in Deutschland unbefristet weiterlaufende Urananreicherungsanlage in Gronau oder die Brennelementefabrik in Lingen, sondern für die Urananreicherungsanlage im Niederländischen Almelo bestimmt.

Eine sehr gute Möglichkeit der Atomindustrie einzuheizen, wird das Anti-Atom-Camp vom 19. bis 27. Juli bei Metelen im Münsterland sein. Ein vielfältiges Programm in direkter Nachbarschaft von fiesen Atomanlagen (u.a. Urananreicherungsanlage Gronau und Brennelementfabrik Lingen) lädt nicht nur zum Verweilen ein...

Antiatomcamp im Münsterland - Mehr Informationen!

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